Was fuer ein Tag, eine Nacht, und noch ein Tag...

Wir hatten ja gehofft, dass der Sturm, durch die hohe Hafenmole hinter der wir liegen, ueber uns hinwegfegen wird, das hat auch soweit geklappt, obwohl natuerlich die Wellen gegen die Aussenmole angerannt sind, und der Wind dann die meterhohe Gischt auf Mika niederprasseln liess. Waschstrasse ist Kindergarten dagegen....

Nicht ausreichend bedacht hatten wir, und auch der Schweizer neben uns, dass die Wellen um die Mole rumschwingen, und von den vier Meter Brechern draussen immer noch ein Meter Schwell ueberbleibt, der unter Mika durchlaeuft. An Schlaf ist nicht zu denken, staendig halten wir die Leinen im Auge. Der Schweizer hinter uns muss seine Leinen staendig erneuern, da diese sich nach ein paar Stunden an der Kante der Hafenmole aufscheuern.

Auch unsere Leinen und vor allem die Klampen muessen viel aushalten.

Manche Welle laesst Mika richtig Fahrt aufnehmen, um dann voll in die Leinen einzuknallen.

Eine Klampe hat ganz schoen gelitten, und hebt sich auf einer Seite sichtbar zwei, drei Millimeter aus dem Deck, na spitze, wieder ein Punkt mehr auf der ToDoList.

Die Flotille hatte sich dicht an dicht gelegt, Heck zur Pier, alle Anker im Hafenbecken, untereinander vertaeut, das auesserste Schiff eine lange Leine in Windrichtung zum Land ausgebracht, und von da von Schiff zu Schiff weiter, damit der quer eintoesende Sturm die Bugs nicht weit rumdruecken kann, die Anker nicht zu sehr belastet werden.

Ging soweit gut, bis eine besonders grosse Welle mit Macht in den Hafen rollt,

und das ganze verschnuerte Paket von zehn Schiffen gegen die Pier wirft, und reichlich Schaeden an deren Hecks verursacht. Wir haben die Welle kommen sehen und den Rumms Hundert Meter gegen den Wind gehoert....

Jetzt haben sich alle nochmal zwei Meter weiter weg von der Mauer vorverholt....

 

Aber das groesste Hafenkino bietet eine recht grosse schoene Klipperketsch.

Die Sea Symphonie, eine in Taiwan gebaute, Formosa 51 ( zu sehen unter www.formosa51forsale.com  ) liegt laengsseits an der Westpier.

Die Wellen kriegt die Sea Symphonie voll von der Seite, und die Fender platzen einer nach dem anderen, bis der Rumpf gegen die Pier knallt. Der schon etwas betagte, amerikanische Skipper laesst sich von den Flotillenkapitaenen helfen. Zwei patente junge Burschen, die unermuedlich im Dinghi weitere Leinen ausbringen und sich um die Sicherheit ihrer Flotille kuemmern. Auch fuer die eigentlich flotillenfremde Sea Symphonie sind die Jungs oft im Einsatz und bringen auch jetzt eine Leine aus, 100 Meter quer zum Schiff, auf eine andere kleine Mole, die zunaechst das Schiff von der Mauer fernhaelt, aber nach ein paar Stunden bricht diese unter der enormen Last.

Jetzt muss die Sea Symphonie was tun, und das alles mit kaputtem Getriebe, sprich ohne Rueckwaertsgang.....

Die Sea Symphonie legt im Sturm ab, kreist im Hafenbecken, und faengt mit seinem Anker direkt mal eine fremde Ankerkette eines Flotillenschiffes.

Dieses Flotillenschiff gibt seinen Anker samt Kette komplett auf, und hofft darauf, dass die Nachbarschiffe es mithalten werden.

Die Sea Symphonie kriegt das Gewirr aus jetzt zwei Ankerketten nicht mehr aufgeholt, und zieht weiter Kreise im Hafenbecken, beide Ankerketten immer mehr miteinander verknotend, alles bei, in Boeen ueber 40 Knoten Wind, Gott sei dank nicht konstant, es gibt immer mal kurze Windpausen, sonst waere wohl nichts mehr zu machen, das stolze Schiff verloren gewesen, zerschellt an der steinigen Hafenwand neben der Faehrpier.

Auch wir haben unseren Anker draussen, und mittschiffs festgemacht, um uns von der Mole abzuhalten an der wir festgemacht sind. Verdaechtig nah schleift die Sea Symphonie ihren Ankersalat an unserem Grundgeschirr vorbei, Gott sei Dank ohne Folgen fuer uns.

Alle schauen gebannt, auf den Havaristen. Aber es kommt noch schlimmer....

Dann naemlich faengt sich die Sea Symphonie die Reste ihrer vorher gerissen Landleine (die immer noch mittschiffs im Wasser haengt) in ihren Propeller, Maschine Stop, nix geht mehr.....eigentlich ein echter Mayday-Fall mitten im Hafen, ja, sowas gibts wohl auch.

 

Manoevrierunfaehig, der Ankersalat bremst die Drift (Gott sei dank), kommen ihm alle zu Hilfe, und es gelingt, wenigstens mit dem Dinghi (wieder die Jungs der Flotille) zwei Heckleinen an die Nordmole zu bringen, direkt neben uns.

Der Wind haelt nun die Sea Symphonie wie eine Wetterfahne von der Mole fern, zunaechst......

Als gegen Mittag der Sturm nachlaesst faengt der Wind an, in dem von Bergen umgebenen Hafen, aus allen moeglichen Richtungen zu wehen.

Die Sea Symphonie schwingt immer noch manoevrierunfaehig, langsam auf Mika zu, einmal wurde es echt knapp, bis der Wind wieder aus Nord wehte, und die Sea Symphonie wieder von uns weg treibt.

Nachmittags hat der Wind soweit nachgelassen, dass wir uns trauen, uns schnell vom Acker zu machen, auf eine Havarie mit diesem Havaristen haben wir keine Lust, und so kann sich die Sea Symphonie zur Not noch laengsseits an den nun von uns geraeumten Platz ranziehen.

Wir legen uns an den Platz, den die Sea Symphonie im Sturm aufgeben musste, langsseits geht leider noch nicht, wegen der immer noch anrollenden Wellen, also mit Buganker und dann das Heck zur Pier, der Anker haelt, Gott sei dank.

Als abends der Wind soweit nachlaesst, dass man das Schiff mal kurz allein lassen kann, goenne ich mir mit Marcus, dem schweizer Leidensgenossen, noch zwei Bier, und alle fallen nach diesen schlaflosen 36 Stunden erleichtert und salzverkrustet in komatoesen Schlaf.

Zumindest kennt nun jeder jeden im Hafen....

...und lobend erwaehnen moechte ich an dieser Stelle mal die Kapitaene der Flotille, eigentlich halte ich ja nichts von diesen Flotillen, aber die Jungs waren echt spitze.

 www.seafarersailing.co.uk/ 

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Kommentare: 1
  • #1

    Jürgen (Dienstag, 29 Oktober 2013 18:15)

    Na, da habt Ihr alles richtig gemacht und eine gute Portion Glück gehabt. Danke für den interessanten Bericht!

    Wir haben auch schon Ähnliches in Dänemark und Elba (!) erlebt... In Dänemark sind sogar im Hafen einige Masten von oben gekommen, weil sich die Bugbschläge am Steg zertrümmert haben.

    Euch weiterhin gute Fahrt und besseres Wetter...